Früher war alles anders … oder doch nicht? Manchmal habe ich das Gefühl in einer völlig anderen Welt aufgewachsen zu sein. Im Fernsehen gab es drei Programme, das Telefon mit Schnur stand im Flur und Gespräche wurden einzeln nach Minuten abgerechnet. Gegenüber unseres Hauses Wiesen zum darin Verschwinden, soweit die Füße reichen. Schlüsselblumen, Bauernbübchen, Wiesenschaumkraut in Hülle und Fülle für Sträuße, Kränze und Blumenverkaufsstände. Vieles musste in der Zwischenzeit Baugebieten weichen, aber zum Glück ist nicht alles verschwunden. Es gibt noch Streuobstwiesen, Magerwiesen mit Küchenschellen und Orchideen und meinen Zauberwald.All das gehört mittlerweile zum Biosphärengebiet Schwäbische Alb. Als Kind war ich verrückt nach Rüdern, meinem Ferien-Paradies mit Hasen und Hühnern bei Oma, Opa und Dote. Die Weinlese war immer ein Familienereignis. Auch hier sind Bauplätze entstanden und vieles ist kaum mehr wiederzuerkennen.
Aber hier geht es um die Geschichten meiner Mutter, in denen die Welt noch mal eine völlig andere war, mit Klohäuschen auf dem Hof und gemeinsamem Backhaus im Dorf. Als ich mir vor einigen Wochen mal wieder den Kopf zerbrochen habe, wie ich der Flut von Plastikmüll Herr werden soll hat sie mir erzählt, dass es damals in Rüdern noch keine Müllabfuhr gab, es wurde alles kompostiert, Kunststoffe waren noch Zukunftsmusik.
Erinnerungen sind trügerisch und der der zuhört macht sich seine eigenen Bilder. Liebe Rüderner, liebe Verwandtschaft, verzeiht, wenn etwas in den kommenden Geschichten und Bildern nicht den Tatsachen entspricht. Sie sind inspiriert von den Erzählungen meiner Mutter, aber meiner Fantasie entsprungen. „Mama erzähl mir von früher!“ war eine häufige Bitte, als Kind habe ich dafür sogar freiwillig den Abtrockendienst übernommen. Ich hoffe ihr findet diese Geschichten genauso faszinierend.